…, nur um anderen zu gefallen!

Gedanken schwächen den Geist,
Wünsche schwächen das Herz
(Laotse)

Die meisten Menschen der Generation Babyboomer hat schon in ganz jungen Jahren gelernt, sich eher an andere Menschen anzupassen, als in die Rebellion zu gehen. Als es noch autoritäre Lehrer gab, die bestimmten, wo es langgeht, war es einfacher, nicht so groß aufzufallen und seine Individualität zu leben. Da hieß es schnell, der/oder die ist kompliziert. Das wollte man keinesfalls sein.

Wir sind die Kriegsenkel, die schon von den Eltern gelernt haben, eher in der defensive zu bleiben. In der Generation unserer Eltern sind zwei Drittel der heute über 70jährigen kriegstraumatisiert und Lockerheit und Leichtigkeit war in dieser Zeit nicht en vogue. Man hatte ordentlich zu sein und sich korrekt zu verhalten. Du willst Kunstgeschichte studieren? Bist du wahnsinnig, suche dir etwas, womit sich Geld verdienen lässt. Die größte Sorge meiner Mutter war immer…“was sollen denn die Leute denken?“

Irgendwie scheint sich die Evolution hier wenig bewegt zu haben. Es ist uns immer noch wichtig, einer Sippe anzugehören. Ausgestoßen zu werden aus einer Gemeinschaft ist – obwohl heute kein Todesurteil mehr wie damals in der Steinzeit – immer noch das schlimmste. Der Mensch benötigt Verbundenheit und ist daher auch bereit, sich in gewissen Dingen anzupassen. Doch wie weit geht die Anpassung an die anderen, egal ob im Beruf, in der Partnerschaft oder in Gruppen?

Bin ich wirklich bereit, das Risiko einzugehen, Freundschaften zu riskieren, wenn ich mich weigere, mich anderen anzupassen, meine Individualität zu leben und unangepasst zu sein?

Das Leben fordert uns auf, unser Potenzial zu leben. Das, was in uns steckt, nach Außen zu leben. Mit allen Ecken und Kanten. Das Schiff, das im Hafen liegt, ist sicher – aber dafür wurde es nicht gebaut. Fangen wir an, auf das Meer hinaus zu fahren, wird es auch mal stürmisch und wir fangen an zu kämpfen und unsere Grenzen auszuloten.

Es wird immer Menschen geben, die sich leichter tun, sich an Situationen, Menschen und Begebenheiten anzupassen. Nicht nur die Konditionierung spielt hier eine Rolle, sondern auch der Enneagramm Typ, den wir haben.

Wichtig ist jedoch, dass wir immer prüfen, ist die Änderung des Verhaltens eine Bereicherung für mich oder bleibe ich in alten Mustern verhaftet, die mein Leben kompliziert machen. Manch einer merkt erst am Ende seines Lebens, dass er ohne Freunde dasteht und wundert sich, was denn im Laufe der Jahre passiert ist.

Und es wird immer Menschen geben, die weiterhin behaupten, dass die anderen schuld sind oder waren, dass es ständig zu Eskalationen im Leben kam.

Kein Mensch dieser Welt wird ohne Konflikte durch dieses Leben kommen. Reibung gehört – gerade in guten Freundschaften und Partnerschaften – immer dazu. Eine niveauvolle Streitkultur bringt uns in unserer persönlichen Entwicklung immer voran. Aber es gibt auch Menschen, die sich damit gar nicht auseinandersetzen wollen und auf ihrer Meinung beharren. Ihr Motto lautet.

Jeder Mensch hat ein Recht auf MEINE Meinung.

Das Enneagramm hat mir immer geholfen, die Sichtweise anderer Menschen besser zu verstehen und ihre individuellen Verhaltensweisen zu respektieren und zu achten.

Es gibt kein besser oder schlechter. Es gibt nur ein anders. Und das Ziel ist, sich und andere besser zu verstehen und zuzulassen, dass sich jeder Enneatyp in aller Weisheit zu seiner Größe entwickeln kann. Ein Beispiel anhand des Ennatyp Eins ist, dass eine reife 1 ein zutiefst verlässlicher, aufrichtiger und idealistischer Mensch sein kann; eine unreife 1 dagegen ein verurteilender, kritisierender und dickköpfiger Mensch, der keine Kompromisse eingehen wird.

Aus diesem Grund ist das Ziel für alle Enneatypen, sich zu Ihrer reifen Seite hin zu entwickeln, um den besten Teil ihrer individuellen Persönlichkeit zu leben und damit ein wunderbares und zufriedenes Dasein führen zu können. Indem der reife Enneatyp sich selbst und andere wertschätzt, ist ein wunderbares Miteinander möglich, in dem jeder dem anderen seine Eigenarten lässt, ohne sich selbst dadurch bewertet zu fühlen.

Wenn wir zu den Verhaltensweisen des anderen JA sagen können, ohne unsere eigenen dadurch anzupassen, dann können wir ein erwachsenes JA zu uns als auch zu dem anderen sagen

Nachfolgend ein kleiner Einblick in die Verhaltensstrategien der einzelnen Enneagrammtypen. Vielleicht erkennen Sie eine davon als Ihre Strategie.

Der Einser möchte, dass alles perfekt läuft. Er ist diszipliniert und gewissenhaft.
Der Zweier möchte fürsorglich sein. Er gibt Liebe, um wieder geliebt zu werden.
Der Dreier ist auf sein Image bedacht. Er möchte kompetent und leistungsstark erscheinen.
Der Vierer möchte besonders sein. Er will sich abheben von anderen.
Der Fünfer benötigt Rückzug. Er will nicht bedrängt werden.
Der Sechser ist ängstlich. Er ist loyal, will aber andere kontrollieren.
Der Siebener ist ein Lebenskünstler. Er will den Schmerz vermeiden.
Der Achter ist der Boss. Er kann und will sich nicht unterordnen.
Der Neuner ist der Gelassene. Er liebt die Harmonie und Frieden unter allen

Je weiter wir uns entwickeln, desto stärker prägen sich diese Muster aus und zeigen sich damit in den Verhaltensweisen in unserem Leben.

Der Enneatyp Eins tut sich mit Veränderung schwer. Er wird sich auch für einen anderen Menschen nicht verbiegen, denn er will sich korrekt verhalten. Für ihn steht die Pflicht, die Verantwortung und die Moral im Vordergrund. Ihn zu einer Veränderung zu bewegen, wird schwerlich gelingen. Für ihn wäre die Entwicklung, flexibel und gelassener zu werden, andere Meinungen zulassen zu können, ohne sie zu bewerten.

Der Enneatyp Zwei kann sich sehr gut verändern. Um Zuneigung zu erhalten, ist er bereit, sich dem anderen oder dem kollektiv anzupassen. Dies macht er aber nur solange er auch Wertschätzung erfährt. Fühlt er Ablehnung, geht er sofort zurück und stellt alle Fürsorglichkeit vorerst ein. Er kann Beziehung abrupt abbrechen, wenn er das Gefühl hat, die Investition lohnt sich nicht.

Der Enneatyp Drei ist ein Chamäleon. Für Erfolg kann er in jede Rolle schlüpfen. Er ist der ideale Verkäufer, der sich an alle Situationen anpasst. Das einzige, was ihn zu Fall bringen kann, ist ein Scheitern. Er steht gerne auf der Gewinner Seite und tut vieles dafür

Der Enneatyp Vier ist der Melancholiker und Romantiker. Er will sich nicht anpassen und schon gar nicht verändern, denn er hält sich für was Besonderes. Er braucht die anderen nicht unbedingt, da er mit sich selbst viel beschäftigt ist. Solange er die Bestätigung für seine Besonderheit bekommt, ist er zugänglich für andere.

Der Enneatyp Fünf ist der Beobachter, der Intellektuelle. Er zieht sich gerne zurück. Er schätzt das Alleinsein. Veränderungen will er nicht. Und schon gar nicht, dass andere ihn ständig frequentieren. Er liebt spezielle Themen und seine Bücher.

Der Enneatyp Sechs ist ängstlich. Er passt sich erstmal an, wenn er in die Angst geht. Blos nicht Alleinkämpfer sein. Er braucht die anderen und die Loyalität. Allerdings kann er sehr willensstark und dominant sein und kontrolliert gerne.

Der Enneatyp Sieben möchte das Leben genießen. Genuss und Lebensqualität stehen im Vordergrund. Er ändert sich gerne, ist lebensfroh und geht auch mit dem mainstream. Was kostet die Welt ist sein Motto. Leid und Elend, Kummer und Sorgen blendet er gerne aus.

Der Enneatyp Acht ist meist der Boss. Er mischt bei allem mit und das am besten ganz vorne. Das sind die Menschen, die die Führung übernehmen, klar und laut ihre Meinung sagen und sich gerne auf Kämpfe einlassen. Eine Acht lässt sich nicht unterkriegen und schon gar nicht dominieren. Veränderungen inszeniert eher er und erwartet, dass die anderen mitgehen.

Der Enneatyp Neun ist der Friedfertige, Gelassene. Er mag die Harmonie, die Gemütlichkeit und die Ruhe. Um ihn zum handeln zu bewegen, dauert es. Veränderungen mag er nicht. Will man ihn dazu bewegen, dann geht er gegebenenfalls erstmal mit, bleibt aber dann stehen und geht keinen Schritt mehr weiter. Seine Reaktion ist meist passiv-aggressiv.